Bauprojekte

Aus der Not eine Tugend gemacht

Die Nachricht war für alle Beteiligten ein Schock: Die Siedlung Grünauring muss aufgrund von gesundheitsschädigenden Schadstoffen in den Wohnungen gesamtsaniert werden. Eine Lösung liegt vor.

Lebenswerter und grüner Aussenraum: So soll dereinst der Grünauring aussehen.

Geplant war ursprünglich, die Küchen und Bäder zu ersetzen, da diese die Lebensdauer überschritten haben. Bei standardmässigen Schadstofftests zur Vorbereitung des Bauvorhabens kam die böse Überraschung: Experten wiesen Naphthalin (siehe Box) in den Wohnungen nach. Der Handlungsbedarf für eine rasche Sanierung wurde gross und leider wurde bald auch klar, dass die Sanierung nicht wie vorgesehen in bewohntem Zustand möglich ist.  

Schnelle Suche nach Ersatzwohnungen
Rasch reagierte die abl und in einer eigens gegründeten Projektgruppe, zusammengesetzt aus Verantwortlichen aus allen Bereichen, wurde mit den Mietenden der rund 34 Wohnungen nach Lösungen gesucht. Wir boten Wohnungen und Unterstützung beim Umzug an und ermöglichten, ausserhalb der regulären Vermietung umzuziehen. Dank der tatkräftigen Mithilfe und dem Verständnis aller Mietenden fand man Schritt für Schritt Anschlusslösungen für alle Bewohnenden. Erfreulicherweise hat eine Vielzahl ihr neues Zuhause weiterhin bei der abl. Einige davon wünschen sich sogar, in den neuen Grünauring zurückzukehren. 

So sehen die Wohnungen nach dem Umbau auf Plan aus. Alles Rote ist neu.

Bessere Wohnqualität 
Um das schadstoffhaltige Material zu entfernen, müssen alle Böden rückgebaut werden. Da sich Naphthalin auch in der Bausubstanz ablagern kann, werden danach die Böden und, wo notwendig, teils auch die Decken mit einer Spezialfolie abgedichtet. Bei einer Sanierung von diesem Ausmass drängte sich ein genauer Blick in die Zukunft auf. Nun macht die abl aus der Not eine Tugend: So wird im gleichen Zug die Wohnqualität verbessert sowie die Langlebigkeit des Gebäudes erhöht – natürlich immer mit den Kosten im Blick: Mit neuen Türen, einer Bodenheizung und einer besseren Schalldämmung sowie einem neuen Lift, der neu auf der Höhe der Wohnungseingänge und nicht in den Zwischenetagen hält. So werden die Zugänge zu den Wohnungen barrierefrei. 

Das mit Naphthalin belastete Material wird unter Schutzbedingungen bis auf den Grund restlos entfernt.

Erdbebensicherheit und Energie 
Mit dem Einbau des neuen Liftschachtes und zusätzlicher Betonwände wird zudem die Erdbebensicherheit erhöht. Energetisch muss das Gebäude nicht saniert werden: Die Fassade ist intakt und erhält lediglich einen neuen Anstrich. Die Fenster sind in einem guten Zustand und müssen ebenfalls nicht erneuert werden. Im Rahmen der abl-Energiestrategie wird die Heizung ersetzt und das Gebäude dem Fernwärmenetz angeschlossen. Und auf dem Dach produziert bald eine Photovoltaikanlage den eigenen Strom. 

Naturnaher Aussenraum statt Flachgebäude  
Das zweistöckige Flachgebäude am Grünauring 8 und 10 mit vier Wohnungen wird aus wirtschaftlichen Gründen nicht saniert, weil die Mietkosten zu hoch gewesen wären. Dieses wird zugunsten einer Aufwertung des Aussenraumes abgerissen. Es entsteht ein lebendiger, naturnaher Erholungs- und Aufenthaltsraum mit einheimischen, schattenspendenden Bäumen und Sträuchern. Spielbereiche, ein offener Pavillon mit Pergola oder ein Nutzgarten bieten eine grosse Nutzungsvielfalt direkt vor dem Haus. Zusätzlich wertet die Stadt Luzern das Gebiet um den Grünauring auf und der Bahnhof Littau wird saniert. Neben Lärmschutzwänden entlang der Geleise entsteht ein Busbahnhof, der die Erreichbarkeit des Grünaurings erhöht. 

Sanierung bis Ende 2025 
Mit ersten Tests für die Schadstoffsanierung konnte diesen Herbst bereits gestartet werden. Parallel dazu erfolgt die Prüfung des Baugesuchs durch die Behörden. Kommt die Baubewilligung nach Plan, ist die Sanierung bis Ende 2025 abgeschlossen und die Wohnungen können Anfang 2026 wieder bezogen werden.

Die Böden werden mit einer Schutzfolie abgedichtet. Danach folgt der Einbau der Bodenheizung mit Dämmschicht und eines Parketts.

Was ist Naphthalin? 

Naphthalin ist ein flüchtiger, chemischer Stoff, der auch in Mottenkugeln vorkommt. Er ist auch Bestandteil von Teer-Ölen, die in den 50er- bis 70er-Jahren auf dem Bau eingesetzt wurden. Die teerhaltigen Substanzen wurden wegen ihrer wasserabweisenden Eigenschaften unter anderem als Beschichtung von Parkettböden genutzt, Bodenbeläge damit verklebt oder Bauwerke abgedichtet. Noch Jahrzehnte nach dem Einbau kann es zu übermässigen Immissionen kommen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Richtwerte für Naphthalin in der Luft. Je nach Konzentration gilt der Stoff als gesundheitsschädigend. Ein medial bekanntes Beispiel für Naphthalin-Vorkommen ist das Grenzhof-Schulhaus in der Stadt Luzern; die Schulkinder mussten nach der Entdeckung des Naphthalins in ein Provisorium umziehen.