Aus der Nachbarschaft

Gemeinschaftlich unter einem Dach

Die Genossenschaften sollen in der Schweiz gestärkt werden. Dieses Ziel verfolgt die Idée Coopérative, das neue «Kompetenzzentrum» für Genossenschaften. Auch die abl könnte schon bald Teil des Netzwerkes sein und sich breiter austauschen.

Die Genossenschaft als Rechtsform hat enormes Potenzial. Davon ist Henrik Schoop, Geschäftsführer der Plattform Idée Coopérative, überzeugt: «Genossenschaften entsprechen dem Zeitgeist.» Denn Trend-Themen wie Nachhaltigkeit, Regionalität und Mitsprache gehörten schon immer zu ihrem Grundgerüst. 

Idee verbreiten
Noch fristen Genossenschaften in der Schweiz in vielen Wirtschaftsbereichen ein Nischendasein. «Obwohl die zehn Grössten der Schweiz rund 10 Prozent zum Bruttoinlandprodukt beisteuern», sagt Schoop. Bekannt ist die Rechtsform bisher besonders im Wohn- oder Lebensmittelsektor. Damit sie sich auch in anderen Branchen etabliert, wurde Anfang Jahr die Genossenschaftsplattform Idée Coopérative gegründet. «Wir möchten, dass sich Genossenschaften gegenseitig unterstützen und ihre Erfahrungen teilen», so Schoop. Zu den sieben Gründungsmitgliedern gehören die Baugenossenschaften ABZ und GLB, die Landwirtschaftsgenossenschaft fenaco, Mobility, die Mobiliar, die Raiffeisenbank sowie die Schweizer Reisekasse (reka). Mittlerweile sind 44 Genossenschaften Mitglied. Neben grossen wie Migros oder Suisa auch kleinere Start-ups wie der Impact Hub Bern. Als Netzwerk soll die Idée Coopérative die Inte-ressen der Genossenschaften zudem auf nationaler Ebene, zum Beispiel in der Politik, stärken. 

Vom Fachwissen profitieren 
Auch die abl möchte der Idée Coopérative beitreten. «Wir sehen darin die Chance, den Austausch zu pflegen und von einem breiten Fachwissen und spezifischen Weiterbildungsangeboten zu profitieren», begründet Martin Buob, Geschäftsleiter der abl, den Antrag für eine Mitgliedschaft. Die Vernetzung zwischen grossen und kleinen Genossenschaften aus unterschiedlichen Branchen werde die gesamte schweizerische Szene bereichern und stärken. «Dazu kann die abl als Mitglied ihren Beitrag leisten», sagt Buob. Für ihn ist die Form der Genossenschaft ein zukunftsfähiges und zeitgemässes Geschäftsmodell: «Genossenschaften haben bewiesen, dass sie ohne Spekulation und Gewinnmaximierung nachhaltig wirtschaften.» Ein Wirtschaftsmodell, das «mit Solidarität, Selbsthilfe und Mitbestimmung seit mehr als 100 Jahren erfolgreich ist».

Digitalisierung als Chance
Welche Themen für Genossenschaften in Zukunft relevant werden, hält die Idée Coopérative viermal im Jahr in einem Bericht fest. Gerade bei der digitalen Transformation könnten Genossenschaften eine wichtige Rolle spielen, ist Henrik Schoop überzeugt: «Indem sie etwa als Datengenossenschaften den Usern helfen, im Internet wieder mehr Kontrolle über ihre Daten zu erlangen.»Solche Zukunfts-Themen könnten insbesondere junge Leute motivieren, eine Genossenschaft zu gründen. «Die Jungen fragen vermehrt nach der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Bei der Genossenschaft steht diese im Zentrum», sagt Schoop. Gewinne würden beispielsweise wieder in die Genossenschaft fliessen. Jeder Genossenschafter, jede Genossenschafterin habe ein Mitspracherecht. Ausserdem gehe es bei der Genossenschaft darum, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. 

Noch zu wenig auf dem Radar
Diese Werte gilt es zu transportieren, denn Schoop ist sich bewusst, dass «Genossenschaften bei der jungen Generation nicht mehr bekannt sind». Damit in Zukunft mehr junge Unternehmen die Genossenschaft als Rechtsform wählen, müsse weitere Aufklärungsarbeit geleistet werden: «Bei der Unternehmensgründung ist die Genossenschaft, beispielsweise bei Notaren und Treuhändern, noch zu wenig auf dem Radar.» Auch, dasses sieben Gründungsmitglieder benötigt, sei sicher eine Hürde, die viele nicht nehmen können oder wollen.Ausserdem stamme das Genossenschaftsrecht aus dem Jahr 1934. «Genossenschaften sind ein Erfolgsmodell der Eidgenossenschaft», so Schoop. «Und sie werden weiterhin mit ihrer Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit und Nähe eine wichtige Rolle im Schweizer Unternehmertum spielen.»

Die Idée Coopérative
Die Idée Coopérative ist die «Genossenschaft für Genossenschaften». Ihre Mitglieder stehen ein für mehr kooperatives Unternehmertum in der Schweiz und mehr Selbstverantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft. Als Kompetenzzentrum für Genossenschaften stellt sie Daten und Wissen für partizipative Unternehmen und Organisationen zur Verfügung und vernetzt grosse wie kleinräumige Genossenschaften.