ewl-Areal

So wird gemeinnütziges Wohnen am «Rotpol» Realität

Für einmal ein eher ungewohnter Blick aufs ewl-Areal. Hinten in der Mitte ist das Rote Haus zu sehen, quasi das Herzstück der Überbauung.

Die Stadt Luzern hat ihre Pläne für die Finanzierung der ewl-Areal-Überbauung ­vorgestellt. Dort will die abl über 90 Wohnungen realisieren. Im Interview äussert sich Projektleiter ­Armando Wigger über «das grosse Plus» für die künftigen Mieterinnen und Mieter.

Zentrumsnah und am südlichen Ende des Bahnhofs ­Luzern wollen die abl, die Energie Wasser Luzern Holding AG (ewl) und die Stadt Luzern ein Grundstück mit einer Fläche von über 20 000 Quadratmetern bebauen, was in etwa drei Fussballfeldern entspricht. Diese drei Partner haben sich zur ewl Areal AG zusammengeschlossen und halten gleichberechtigt je ein Drittel der Aktien. Das Grundstück wird von ewl im Baurecht zur Verfügung gestellt.



Auf öffentliche Bedürfnisse zugeschnitten

Auf dem Areal sind neben den über 90 gemeinnützigen abl-Wohnungen, Alterswohnungen, Gewerberäumen und Büros für ewl und Teile der städtischen Verwaltung eine neue Wache für die Feuerwehr sowie Stützpunkte für den Zivilschutz und den Rettungsdienst vorgesehen. Mit zahlbarem Wohnraum und öffentlichen Nutzungen lässt sich keine marktübliche Rendite erzielen. Deshalb stellte der Stadtrat Ende Februar an einer Medienorientierung seine Pläne für Zusatz­finanzierungen vor. «Der geplante Nutzungsmix ist auf öffentliche Bedürfnisse zugeschnitten und entspricht nicht einer renditeorientierten Ausnutzung des Areals», hiess es vonseiten der Stadt. So würden zum Beispiel gemeinnützige Wohnflächen in Kostenmiete – jene der abl – und Gewerbeflächen mit geringerer Ertragskraft realisiert.
 

Im Businessplan der ewl Areal AG wurde eine ­Gesamtrendite von 2.6 Prozent berechnet. Diese verhältnismässig geringe Rendite sei wegen der umfangreichen Nutzungen zwar grundsätzlich vertretbar, allerdings liege die Eigenkapitalquote auf einem tiefen Niveau, so der Stadtrat: «Aus Bankensicht dürfte die Risikofähigkeit der ewl Areal AG deshalb nicht ausreichend gegeben sein.»



Fahrplan noch offen
Deswegen beantragt der Stadtrat beim Parlament, die Fremdfinanzierung mit einem nachrangigen, städtischen Darlehen in der Höhe von 50 Millionen Franken zu unterstützen. Zu welchem Zeitpunkt das städtische Parlament und schliesslich die Stadtluzerner Stimmberechtigten über dieses Darlehen und weitere Finanzierungsinstrumente befinden werden, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. 


Die abl wird ihre Genossenschafter und Genossenschafterinnen zu gegebenem Zeitpunkt sorgfältig und detailliert über ihre Absichten auf dem ewl-Areal informieren. Selbstverständlich werden auch die abl-Mitglieder die Möglichkeit haben, über den abl-Teil des «Rotpol»-Projekts abzustimmen.
 

Vorab erfahren Interessierte etwas mehr über den «Rotpol» und die Pläne der abl – im Gespräch mit Projektleiter Armando Wigger. Er ist überzeugt, dass das Projekt Begeisterung auslöst und Mehrheiten findet. 



Armando Wigger, Sie sind seitens der abl
 der Projektleiter der ewl-Areal-Überbauung. 

Was gefällt Ihnen an dieser Arbeit?

Zum einen durfte ich in ein laufendes Projekt einsteigen, das noch einigen Gestaltungsspielraum offen liess. In den letzten rund 14 Monaten schärften wir unser Angebot, optimierten die Nutzungen und Kosten und lösten auftretende Herausforderungen gemeinsam mit den Planern. Zum anderen bietet das Projekt für die abl die Möglichkeit, auf anderen Ebenen Erfahrungen zu sammeln. So sind wir nicht Bauherrin für den Grundbau, sondern als Mieterin einer Rohbaufläche für den Mieterausbau verantwortlich. Als Aktionärin der ewl Areal AG können wir in einem Projekt mitarbeiten, bei welchem eine Totalunternehmung (TU) die Realisierung durchführt, was für uns ein Novum ist. Als Projektleiter kann ich auf den verschiedenen Ebenen dieses Projektes mitwirken und entwickeln.



Was sticht bei der ewl-Areal-Überbauung
besonders heraus?

Dieses Projekt deckt eine Vielzahl von städtischen Bedürfnissen sehr gut ab. Für uns als Anbieterin von gemeinnützigen Wohnungen sind der Nutzermix und die gute Lage, verbunden mit der Aufwertung der verschiedenen Aussenräume, ein grosses Plus. Zudem erfüllt dieses Projekt die hohen Anforderungen bezüglich Nachhaltigkeit, sei dies durch die Nutzung von erneuerbaren Energien oder auch durch eine energetisch hochwertige und ökologische Bauweise.



Wie viele gemeinnützige Wohnungen
wird die abl dort bauen?

Aufgrund der aktuellen Planung sind es 92 Wohnungen.



In welcher Grösse?
Aufgrund des bestehenden Wohnungsportfolios hat sich gezeigt, dass wir insbesondere bei den Kleinwohnungen einen Nachholbedarf haben. Daher werden rund 50 Prozent Kleinwohnungen, das heisst bis 
2.5 Zimmer, realisiert. Daneben gibt es 3.5- und 4.5-Zimmer-Wohnungen. Und allenfalls werden wir bei diesem Projekt ein besonderes Wohnungsangebot anbieten – das ist aber noch von der Detailplanung abhängig, die zurzeit läuft. 



In welcher Spannbreite werden sich
die Mietzinse bewegen?
Aufgrund des jetzigen Projektstandes kann ich dazu noch keine Zahlen nennen. Ich gehe davon aus, dass wir bei der Erstvermietung leicht unter der Marktmiete sein werden. Es gilt zu beachten: Nur weil wir eine gemeinnützige Baugenossenschaft sind, haben wir keine besonderen Konditionen bei unseren Bauprojekten. Die Kostenmiete wirkt insbesondere in der langfristigen Betrachtung.



Armando Wigger leitet bei der abl das «Rotpol»-Projekt.

Städtische Verwaltung, Feuerwehr, 
Alterswohnungen, Gewerbe und mehr:
 Können künftige abl-Mieterinnen 
und -Mieter da ruhig schlafen?

Stellen Sie sich vor: Sie wohnen mitten in der Stadt, in einem aufstrebenden, neuen Quartier mit bester Anbindung an den Verkehr und einem vielseitigen Angebot im und um das Areal. Es gibt selbstverständlich die «natürlichen» Lärmimmissionen für die Mieterinnen und Mieter an einem solchen Standort. Das Gute an einem Neubau ist indessen, dass dank der heutigen Bauweise ein ruhiger Schlaf gesichert ist.



Die abl ist auch vis-à-vis der Industriestrasse involviert. Inwiefern spielen diese
 beiden Projekte zusammen?
Diese Projekte spielen auf verschiedenen Ebenen zusammen. Zum einen sind abl-intern mehrheitlich dieselben Personen in den Projektgruppen, zum anderen sind die beiden Hauptprojektleitungen der Kooperation Industriestrasse (KIL) und der ewl Areal AG im Austausch.



Oder anders gefragt: Welches sind
 die Unterschiede zwischen dem
 
ewl-areal und der Kooperation Industrie
strasse aus Sicht der abl?
Die KIL ist für mich ein Projekt mit gekonnter Verdichtung und spielerischen Elementen, auch im Aussenraum. Beim ewl-Projekt hat die abl die Möglichkeit erhalten, in einem grundsätzlich für die öffentliche Hand und für das Gewerbe konzipierten Gebäude Wohnungen zu realisieren. Bei diesem Projekt spielen die Aussenflächen primär im Innenhof und auf den grosszügigen Dachterrassen eine wichtige Rolle. 



Welches sind die Hürden, die das Projekt
noch nehmen muss?

Spontan kommen mir natürlich die Abstimmungen in den Sinn – sei dies beim Stadtluzerner Stimmvolk oder bei den Mitgliedern der abl. Es ist ein sehr komplexes Projekt, das verschiedene Verbindungen zu anderen Themen hat, zum Beispiel zur Energiestrategie der Stadt Luzern durch die Nutzung der Seewasserwärme für das Quartier. Es ist eine grosse Herausforderung, aufzuzeigen, wie dieses Projekt nicht nur die vielfältigen Nutzungen, sondern auch solche weitergehenden Anforderungen abzudecken vermag. Doch wenn ich die aktuellen Medienberichte über die Wohnungsnot lese, so bin ich zuversichtlich, dass ein Projekt mit mehr als 150 Wohnungen, über 90 davon gemeinnützig, beim Stimmvolk und bei den abl-Mitgliedern grundsätzlich positiv ankommt. Der «Rotpol» bietet eine grosse Chance, an dieser zentralen Lage in der Stadt Luzern gemeinnützige Wohnungen zu realisieren, wie es politisch auch gefordert wird. Aus diesem Grund glaube ich daran, dass dieses Projekt bei den anstehenden Abstimmungen eine Mehrheit finden wird.

Das sind die Nutzerinnen und Nutzer des künftigen ewl-Areals.