Aus der Geschäftsstelle

Auf ewig abgestellt

In den Veloräumen der abl-Siedlungen tummeln sich zahlreiche halterlose, nicht mehr genutzte Fahrräder. Von Zeit zu Zeit wird deshalb geräumt.

Das Team der Caritas kämpft sich durch den Velo-Dschungel.

Ein leuchtend blaues, verstaubtes Rennvelo. Ein alter Drahtesel, der ein schönes Accessoire in einem historischen Film hergeben würde. Das Liebhabervelo eines Hipsters, hellblaues Gestell, gelber Rahmen um den Pneu, roter Reifen und Sattel. Ein tadelloses Mountainbike einer neueren Generation. Und noch ein Rennrad, elegant in Schwarz-Weiss gehalten. Die Aufzählung könnte noch lange fortgesetzt werden: 215 Fahrräder hat die Caritas im Auftrag der abl Ende Juni aus 45 Veloräumen entfernt. Das ist mehr als ein Viertel der eingestellten Velos.

Sie sind Zeugnisse eines vergangenen Lebens. Velos, die mal einen Zweck erfüllten, Teil eines Alltags oder Hobbys waren, im besten Fall liebevoll gepflegt und instand gehalten. Jetzt haben sie ausgedient, wurden vergessen oder stehen auf irgendeiner langen To-do-Liste von Dingen, um die man sich irgendwann kümmern sollte. Um den Platz in den Veloräumen wieder besser zu nutzen, räumt die abl zwischendurch auf.

Per Flyer angekündigt
Das Prinzip funktioniert so: Die Caritas-Mitarbeitenden bringen mithilfe von Kabelbindern Flyer an sämtlichen Velos in den Einstellhallen an. Auf diesen steht, dass Ordnung gemacht wird und nicht mehr benutzte Velos mitgenommen werden. Wer sein Zweirad regelmässig benützt, entfernt die Info einfach und es passiert nichts. Drei Wochen später kommen die Caritas-Mitarbeitenden zurück und nehmen die Velos mit Flyer mit.

Alle Fahrräder ohne Markierung (erste Bild) dürfen bleiben. Der Rest wird verladen und in die Velohalle beim Bahnhof gebracht.

Heute sind Pascal und Werner im Einsatz im Himmelrich 1. Sie arbeiten schweigend und speditiv. Zuerst tragen sie alle etikettierten Velos aus der Halle in den Bus. Tranchenweise fahren sie damit zur Velohalle am Bahnhof, wo direkt neben dem Eingang ein Platz für die Zwischenlagerung reserviert ist. «An dieser Stelle wird jedes einzelne Velo erfasst: Fahrgestellnummer, Farbe und weitere Merkmale kommen bei uns ins System», sagt Pascal. Anschliessend lagern sie im hinteren Teil der Velohalle, der sogenannten «Quarantäne». Aktuell ist diese prall gefüllt mit mehreren hundert Velos – das Resultat regelmässiger Räumungen an Brennpunkten in der ganzen Stadt.

Velo weg? Via Fundvelo kommts zurück!
Digital überführt die Caritas die erfassten Fahrräder in die App Fundvelo. Wer sein Fahrzeug nach einer Räumungsaktion vermisst, kann es auf diesem Weg aus der zweimonatigen Quarantäne zurückholen. Die Daten werden zudem mit jenen der Polizei abgeglichen, um Diebstähle aufzudecken. Oliver Rippstein, der die Velosammlungen für die Caritas koordiniert, bezeichnet die effektive Rückholquote als sehr tief. «Es ist aber wichtig, dass wir den Prozess immer gleich durchspielen und der Eigentümerschaft diese Gelegenheit geben. Danach geht der Besitz der Velos an die Caritas über.»

Und was passiert anschliessend mit den Hunderten aus der Quarantäne entlassenen Velos? Oliver Rippstein erklärt den vierstufigen Prozess: «Velos, die in einem guten Zustand sind, bereiten wir auf und versuchen sie auf dem Occasionsmarkt zu verkaufen. Von anderen, weniger funktionstüchtigen Fahrrädern nutzen wir einzelne Teile.» In einem dritten Schritt gibt die Caritas die Velos in den – möglichst nahen – Export. Als letzte Option kümmert sie sich um das sortengerechte Trennen und Entsorgen der Einzelteile. «Das Geschäftsfeld mit den Velos gibt uns die Möglichkeit, die Menschen in unserem Arbeitsintegrationsprogramm für eine wachsende Branche zu befähigen», sagt Rippstein. Nachhaltige Mobilität werde immer wichtiger. Mit der Zunahme des Langsamverkehrs geraten eben auch Themen wie jenes der halterlosen Velos ins Blickfeld. Es ist kein Geheimnis, dass in der Wohlstandsgesellschaft schneller Sachen gekauft als langfristig unterhalten sind.

Im Schnitt eine Räumung pro Jahr
Die Räumungen gehören also genauso wie regelmässige Reinigungen zur Wartung der Einstellhallen. Bei der abl ist dafür Roland Lang zuständig. Immer wieder erhält er Anrufe von Nutzerinnen und Nutzern, die sich an verstaubten, verrosteten und offensichtlich unbenutzten Gefährten stören. «Für uns ist es eine Entlastung, dass wir dafür klare Regeln und mit der Caritas eine professionelle Partnerin haben», sagt Roland Lang. Um effizient zu bleiben, werde auch nicht nach jedem Anruf eine Räumungsaktion durchgeführt, sondern im Durchschnitt etwa einmal pro Jahr.
Für viele Stadtmenschen ist das Fahrrad mittlerweile das Verkehrsmittel Nummer eins. Mit den Aktionen stellt die abl sicher, dass die Bewohnerschaft die Veloräume auch wirklich gut nutzen kann.

Fehlt ein Velo?

Wer sein Velo nun vermisst, kann bis Ende September unter fundvelo.ch eine Suche erfassen.

Hat ihr Velo ausgedient?

Wer sein Velo nicht mehr braucht, kann es an der Velobörse von Pro Velo Luzern weiterverkaufen. Die nächste Börse findet am 9. September 2023 beim Musikpavillon am Nationalquai in Luzern statt. Fahrtüchtige Velos, Kindervelos oder Anhänger können dort von 8.30 bis 11.30 Uhr zum Verkauf abgegeben werden. Pro Person werden maximal zwei Velos angenommen. Interessenten können die Fahrräder im gleichen Zeitraum besichtigen. Der Verkauf findet von 13.30 bis 16 Uhr statt. Nicht verkaufte Velos werden wieder abgeholt oder an Velafrica gespendet.

Weitere Börsentipps gibts auf der Website proveloluzern.ch.